Das Naturreservat La Hesperia (La Esperie) liegt ca. 2 Stunden von der Hauptstadt Quito entfernt. Die Anreise bietet einen atemberaubenden Blick auf die weitreichenden Täler und Berghänge. Die Fahrt ist geprägt vonständigen Serpentinen, steilen Hängen und einem starken Höhenabfall von um die 1000 Höhenmeter. Für die erste Ankunft im Reservat wird man zum Glück am Fußdes Berges abgeholt, sodass man nicht mit all seinem Gepäck 30 min den sehrsteilen Anstieg von 200 Höhenmetern bis zum Haus hochlaufen muss. Bei privaten Ausflügen an den Wochenenden ist man auf sich selbst angewiesen und man sollteso wenig Gepäck wie möglich einplanen (maximal 5 kg haben sich nach eigener Erfahrung bewährt).
Die Unterkunft besteht aus einem großen Haupthaus mit 3 Etagen, 2 Bädern je 3 WCs, 2 Duschen, einer großen Küche mit Esstisch, Büro und 4 Schlafräumen mit mindestens 3-5 Betten. Zusätzlich gibt es eine Bambus-Outdoordusche, die mit Sonnenwärme beheizt wird, ein Platz für Lagerfeuer, Waschplatz und Wäscheleinen, Hängematten und eine Gummistiefelgarderobe. Das Gelände umfasst ebenfalls weitere Häuser für Vorträge und Schulklassen mit Outdoorküche, eine leerstehende alte Schule, Schaf und Ziegenställe, Plantagen, einen Garten und diverse Wanderwege und Kuhweiden. Die Wäsche wird im Reservat von jedem selbst per Hand auf einem großen Steinbecken gewaschen. Eimer und frisches Flusswasser aus der Leitung sind vorhanden.
Das Praktikum umfasste diverse Aufgabenbereiche, die in einem Wochenplan mit täglichen Aktivitäten vermerkt werden. Üblicherweise beginnt die Woche mit einem hohen Maß an körperlicher Arbeit von jeweils 8:30-12 Uhr und 14-16 Uhr. Frühstück gibt es um 7:30 Uhr, Mittagessen um 12:30 Uhr und Abendessen um 18 Uhr. Für die täglichen 3 Mahlzeiten ist unter der Woche eine Köchin zuständig. Am Wochenende werden meist Lebensmittel zur Selbstverpflegungin der Küche gelassen. Hierbei ist ein gutes Maß an Eigeninitiative gefragt. Bei bestimmten Ernährungsweisen oder Allergien werden Alternativen zubereitet.
Neben der üblichen Feldarbeit am Montagvormittag wird meist am Nachmittag der neue Wochenplan mit der Reservatleiterin vor Ort erstellt. Dieser sieht meist an jedem Vormittag Feld- & Gartenarbeit vor und nachmittags variiert der Plan oft zwischen „house improvements“, kochen, Vorträgen oder Wanderungen. Täglich um 15:30 werden die Ziegen und Schafe versorgt und zurück in die Ställe gebracht. An Freitagen wird wöchentlich abgewechselt zwischen einer Wanderung und einem freien Tag als Verlängerung des Wochenendes. Die Wochenpläne sind erfahrungsgemäß sehr flexibel und können jenach Anzahl und Art der Praktikanten komplett von dem erläuterten System abweichen und aus einem großen Anteil an Improvisation bestehen. Es gibt auf jeden Fall immer genug zu tun und alles lässt sich zum großen Teil umplanen, wenn Bedarf besteht.
Die Aufgaben bestanden hauptsächlich aus ökologischem Landbau wie beispielsweise die Pflege des Gemüsegartens und der Bananen-, Kaffee-und Kakaoplantagen. Geerntet wurden die Früchte der Plantagen auch gelegentlich Kräuter, Yuca und Mais aus dem Garten. Klassisches Unkrautzupfen und das Anpflanzen neue Pflanzen waren ebenfalls oft Bestandteil der Gartenarbeit. Auch fortwirtschaftlich gab es Einiges zu tun wie z.B. die Instandhaltung von Wegen Mithilfe einer Machete, die Anpflanzung neuer Sträucher und Plantagen, die Pflege von Bäumen, Baumschulen und des Gartens und die Restaurierung von Zäunen durch neuen Bambus oder Stecklingen von Sträuchern, die an einem anderen Tag geschnitten wurden.
Bei der Tierpflege war oft die Mithilfe bei der Aufzucht von Ziegenbabys gefragt sowie der Anpflanzung von Futterpflanzen für das Vieh. Die Bewirtschaftung von Weiden und Felder und das Untergraben des Schafmists als Dünger waren auch allseits beliebte Aufgaben. Auch am Haus wurden meist wöchentlich kleinere Aufgaben erledigt, wie Wände neu anstreichen oder den Lagerfeuerplatz aufbessern.
In der Küche wurden oftmals einfache Zuarbeiten wie das Schälen von Yuca, Kartoffeln oder Platanen, das Mahlen von Kaffee oder Kakao, Brotteig kneten oder Marmelade einkochen praktiziert. Je nach den eigenen Zielen der jeweiligen Praktikanten wurden auch Feldstudien, wissenschaftliche Artikel und Umweltbildungsmaterialien angefertigt. Die Hauptverkehrssprache mit den Mitarbeitern im Reservat war ausschließlich Spanisch. Sehr gute Spanischkenntnisse sind hierbei deutlich von Vorteil. Eine Kommunikation auf Englisch war lediglich mit der Reservats Leitung und ggf. mit anderen Praktikanten möglich.
An Freizeitmöglichkeiten eignen sich die Wanderwege des Reservates oder auch der Abstieg zur Hauptstraße, um Snacks und Obst zu kaufen oder andere Ortschaften zu besuchen. Der Tukanpark in Tandapi ist hierbei einschöner Tagesausflug. Für die Ortschaften Baños oder Cotopaxi eignen sich sehr gut für einverlängertes Wochenende.
Alles in Allem war die Praktikumszeit eine der besten Entscheidungen, die ich nach meinem Abschluss treffen konnte. Der Alltag bietet einem ein einfachen und klar organisierten Ablauf, bei dem man sich ideal davon erholen kann für alles selbst zuständig zu sein. Auch das soziale Umfeld ist sehr erlebnisreich, da in manchen Monaten häufig eine An- oder Abreise von Personen stattfindet und man somit viele neue Praktikanten kennenlernt. Das Miteinander ist dabei sehr spannend, da hier alle Praktikanten recht gleichgesinnt sind, sich jedoch die Zeiträume und Pläne fürs Praktikum unterscheiden und man somit viel voneinander lernen kann. Die Zeit mit den Mitarbeitern des Reservats war allseits sehr herzlich und hat je nach Sprachkenntnissen zu einer tollen Arbeitsfreundschaft geführt.